Vormundschaft und Ergänzungs­pflegschaft

Die Vormundschaft ist die Übernahme der vollständigen elterlichen Sorge von den eigentlich sorgeberechtigten Eltern (Art. 6 des Grundgesetzes, GG i. V. m. § 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB). Grundlage hierfür ist § 1773 BGB.

Vormundschaft an Tafel Bild

Gründe für das Nichtbestehen der elterlichen Sorge können sein:

  • Ein ungeklärter Familienstand (z. B. als Findelkind)
  • Verstorbene Kindeseltern
  • Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB)

Bedauerlicherweise ist der zuletzt genannte Grund die häufigste Ursache für die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Vormund. In der Regel geht dieser Entziehung eine Inobhutnahme des Kindes nach jugendhilferechtlichen Richtlinien (§ 42 des Achten Sozialgesetzbuches, umgangssprachlich „Kinder- und Jugendhilfegesetz“) voraus.

Da es sich bei der elterlichen Sorge um ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht der Eltern (siehe oben) handelt, kann dieses nur von einem Richter oder einer Richterin entzogen werden. Zuständig ist das Amtsgericht als Familiengericht.

Nach dem Entzug der elterlichen Sorge durch den Richter oder die Richterin wird das Verfahren innerhalb des Gerichts an den Rechtspfleger oder die Rechtspflegerin weitergegeben, welche(r) hierzu eine neue Vormundschaftsakte anlegt und bei natürlichen Personen bis zum 31.12.2022 die Verpflichtung des Vormunds vorgenommen hat. Seit dem 01.01.2023 ist diese nicht mehr zwingende Voraussetzung für den Wirkungseintritt der Vormundschaft, weshalb der richterliche Beschluss unmittelbar nach Bekanntgabe an den bestellten Vormund wirkam wird (§ 168a Abs. 2 Satz 1 FamFG). Nach der richterlichen Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vormund berät der Rechtspfleger oder die Rechtspflegerin diesen bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben (§ 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB) und nimmt die Aufsicht über dessen Tätigkeit wahr (§ 1802 Abs. 2 Satz 1 BGB), fordert beispielsweise den Anfangsbericht (gemeinsam mit dem Vermögensverzeichnis zu Beginn der Tätigkeit), Jahres- und Abschlussberichte an und setzt die Vergütung des Vormunds fest. Außerdem sind Rechtspfleger:innen für die Erteilung von Genehmigungen zuständig, zum Beispiel, wenn Verfügungen von einem Sparkonto des Mündels (= dem unter Vormundschaft stehenden Kind) vorgenommen werden sollen. Für mich als Vormund sind sie somit ein dauernder und wichtiger Ansprechpartner.

Die Pflegschaft, auch Ergänzungspflegschaft, ist die Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge auf einen sogenannten (Ergänzungs-)Pfleger. Grundlage ist § 1809 BGB. Hierbei kommen prinzipiell alle Teilbereiche der elterlichen Sorge in Betracht, die wiederum nur von einem Richter oder einer Richterin entzogen werden können. Wenn der Grund für die Entziehung eine Kindeswohlgefährdung ist, werden zumeist insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Vermögenssorge und die Gesundheitssorge entzogen, da dies zentrale Bereiche der elterlichen Sorge sind.
Für die Pflegschaft gelten die Regelungen des Vormundschaftsrechts, insbesondere zur Verpflichtung und zur Aufsicht des Rechtspflegers oder zur Berichtspflicht über die Verweisung in § 1813 Abs. 1  BGB entsprechend.